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Wie digitales Storytelling Ihre Marke beeinflusst

Stefanie Püschel
Stefanie Püschel Aktualisiert am 17. Aug. 2020
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Digitales Storytelling knüpft an die uralte und höchst wirkungsvolle Tradition des Geschichtenerzählens an, wie jeder sie vom Lagerfeuer kennt. Im Web geht es jedoch darum, dass aus einem User ein Käufer wird. Damit das passiert, müssen wir ihn dazu bringen, sich am POS an uns zu erinnern. Und genau hierfür benötigt es (digitale) Geschichten.

Wie man Unternehmensgeschichten erzählt, damit sie auch auf die Marke einzahlen, dass haben wir die Marken-Experten Prof. Herbst (Director des Digital Brand Lab) und Thomas Heinrich Musiolik (Doctoral Researcher des Digital Brand Lab) gefragt. Über digitale Markenbildung haben wir uns bereits hier unterhalten.

Die Geschichte vom Geschichten erzählen

Menschen haben bereits Geschichten erzählt, als es noch keine Sprache gab – mit Bildern, Lauten oder Zeichnungen im Sand. Wie alle diese Formen ist auch Digital Storytelling ein Bündel an guten und schlechten Erfahrungen.

Nach den Experten Prof. Herbst und Musiolik haben sich nicht die Inhalte geändert, sondern die Art des Erzählens: Angefangen beim Erzählen am Lagerfeuer, über Bilder und Schrift bis hin zu Geschichten in TV, Kino, Hörbuch, Podcast – schließlich erste Erzählwelten im Gaming und auf interaktiven Plattformen. Menschen lieben Geschichten, die begeistern, mit einbeziehen, faszinieren, Spaß machen und die Spannung aufrecht erhalten.

«Big Four»

Doch was sind Geschichten in digitalen Medien? Funktionieren sie genauso wie Geschichten am Lagerfeuer? Welche Chancen und welche Grenzen bietet Digital Storytelling für die Unternehmenskommunikation? Prof. Herbst und Musiolik beschreiben Digital (Brand) Storytelling als das Erzählen von Markengeschichten mit den Besonderheiten der digitalen Medien und digitalen Technologien.

Diese Besonderheiten bezeichnen sie als die «Big Four»:

  • Integration
  • Verfügbarkeit
  • Vernetzung
  • Interaktivität

Aufgrund der «Big Four» kann das Digital Brand Storytelling dazu beitragen, die Marke bekannter zu machen und das einzigartig attraktive Markenimage zu entwickeln.

Studie

Das Interesse am Digital Brand Storytelling nimmt weiter zu. Dies zeigt eine Studie der Agentur Headstream. So denken 79 Prozent der Befragten, dass es für eine Marke relevant sei, eine Geschichte zu erzählen.

Gründe für die starke Ausbreitung von digitalen Markengeschichten sind nach Prof. Herbst und Musiolik:

  • weiter steigende Verbreitung des Internets weltweit
  • zunehmende Bedeutung der Digitalen Markenführung 
  • Umverteilung der Marketingbudgets auf digitale Kanäle

«Gehirngerechte» Kommunikation

Geschichten wirken deshalb so stark, weil sie an die Grundprinzipien des Gehirns anknüpfen – an dessen Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung–, so die Experten. Dies lässt folgende Aussagen zu:

  • Storytelling ist «gehirngerechte» Kommunikation
  • Erfolgreiche Markengeschichten sind: bildhaft, aktionsgeladen und anschaulich

«Die Technik des Storytelling greift auf Muster zurück – zum Beispiel von Personen, Handlungen, Orten –, die Konsumenten schon in ihrer Kindheit gelernt haben und die ihnen die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Geschichten so leicht macht» so Prof. Herbst.

Besonders verhaltenswirksam beim Storytelling sind laut den Experten die durch die Geschichten entstehenden inneren Bilder. Diese entstehen spontan vor dem geistigen Auge der User, wenn sie an das jeweilige Markenerlebnis denken.

«Aufgrund des inneren Bildes (mental images) der Marke sind Kunden bereit, mehr Geld für die Marke auszugeben als ohne dieses Vorstellungsbild.» Thomas Heinrich Musiolik

Storytelling kann also zum Aufbau und zur Entwicklung von inneren Bildern von Unternehmen und deren Leistungen beitragen. Diese üben sich stark auf das Verhalten der User – und damit der potenziellen Käufer – aus. Die Bedeutung von Geschichten für das Verhalten von Menschen fasst der Hirnforscher Dr. Ernst Pöppel wie folgt zusammen: «Nur wer das bildhafte oder episodische Gedächtnis erreicht, kann das Verhalten von Menschen dauerhaft ändern.»

Faszination Mensch

Zu den faszinierenden Wirkungen im Digital Storytelling gehört, dass User unsere Geschichten als eigene Erfahrungen abspeichern – vorausgesetzt, sie erleben die damit verbundenen Gefühle und Körperreaktionen. Denn das menschliche Gehirn unterscheidet nicht zwischen Hören und tatsächlichem Erfahren. In beiden Fällen werden dieselben neurologischen Regionen des Gehirns aktiviert.

Prof. Herbst und Musiolik erklären dieses Phänomen wie folgt: Erlebnisse speichert das Gehirn mit dem Wissen darüber:
• was geschehen ist (kognitiv)
• welche Gefühle damit verbunden sind (affektiv)
• wie sich das Erlebnis körperlich angefühlt hat (somativ)

Erleben Menschen also Geschichten und Bilder, dann können sie dies als eigene Erfahrungen speichern. «Das ist sehr sinnvoll, denn so können Menschen aus Erfahrungen anderer lernen, ohne diese selbst machen zu müssen – was besonders bei schlechten Erlebnissen hilfreich ist», so Prof. Herbst.

Selbst-Test

Wer im digitalen Storytelling erfolgreich sein möchte, sollte nach den Experten folgende Kernfragen beantworten:

  • Welche Besonderheiten haben digitale Medien im Allgemeinen sowie am Desktop, auf Smartphones und auf digitalen Plattformen?
  • Wie tragen digitale Technologien –  wie Augmented Reality, Virtual Reality oder Bluetooth – einzigartig zum Digital Storytelling bei?
  • Wie schöpfen wir die Potenziale für unsere Geschichten aus?
  • Wie können wir Erlebnisse aufbauen und kontinuierlich entwickeln?
  • Wie steigern diese den Unternehmenswert?
  • Wie wird sich Digital Storytelling in den kommenden Jahren entwickeln?

Fazit

Digital Storytelling kann also die Markenwahrnehmung im Netz stark beeinflussen. Durch die enorm hochgradige Vernetzung von Menschen und Inhalten sind die User höchst aktiv, unberechenbar und springen beliebig von Gerät zu Gerät, von Plattform zu Plattform, von Anwendung zu Anwendung.

Jedoch ist Digital Brand Storytelling nicht allein eine Frage der Technologie, sondern berührt auch kulturelle, soziale und kommunikative Aspekte. Eine gute Story braucht:

  • Methodik
  • Dramaturgie (Hero Journey)
  • Strategie (Handlung, Darstellung, Wirkung)

Somit beschreibt der Begriff letztlich nur eine neue Technik, um unsere (Lagerfeuer-)Geschichten zu erzählen – nicht mehr, nicht weniger. 

Vielen Dank an Professor Herbst und Thomas Heinrich Musiolik für das Interview.

(Bildquelle: By Maliha Mannan | Unsplash)

Stefanie Püschel
Stefanie Püschel
Content-Strategin